[ Philosophen ]

Dieses Gedicht entstand aus Anlaß des 200. Todestages des deutschen Philosophen externer Link ins WWW Immanuel Kant (geboren am 22.4.1724 in Königsberg; gestorben am 12.2.1804 in Königsberg). Der Nordbayerische Kurier aus Bayreuth hatte es damals als Leserbrief abgedruckt.

 

              Mit Büchern deutscher Philosophen
              lockt man kein Weib vor, hinterm Ofen!
              Ist auch die Dame noch so proper -
              nie liest ein Buch sie, von Karl Popper.
              Die schönste Liebschaft wird zunichte,
              empfiehlst du ihr ein Buch von Fichte
              und schenkst du ihr 'nen Band von Kant,
              raubst du ihr vollends den Verstand.

              Viel lieber, als ein Buch von Husserl,
              wünscht sich die Frau von dir ein Busserl!
              Du darfst sie nicht mit Plato quälen,
              ihr nichts von Kierkegaard erzählen,
              schon gar nicht, wie gewisse Bengels,
              ‘sie nötigen: "... lies Marx und Engels!"
              Und nie und nimmer darfst du Frauen
              den Nietzsche um die Ohren hauen,
              mit jenem Satz, der Bände spricht:
              "Gehst du zum Weib? –
              Vergiß die Peitsche nicht!"

              Es sind nun mal die Philosophen
              kein Lesestoff für Kammerzofen.
              Die zieht es nämlich, laut Statistik,
              viel stärker hin zur Belletristik.
              Selbst Damen aus den bessern Kreisen
              die Philosophen von sich weisen,
              drum geb' ich dir als Mann den Rat,
              schreit' unverzagt und forsch zur Tat:

              "Raubt eine Frau dir den Verstand -
              lies selber mal ein Buch von Kant.
              Macht sie das Leben dir zum Ekel,
              lies Schelling, Stirner oder Hegel.
              Laß dich mit keinem Flittchen ein,
              lies Lichtenberg und Wittgenstein.
              Wirst durch Adorno du nicht schlauer,
              probier es mal mit Schopenhauer,
              doch - bleib mit ihm den Frau'n vom Leib!
              Er lehrt: "Das Unglück kommt vom Weib!"

              Der Rat - auch für mich selbst gedacht -
              hat dummerweis mir eingebracht,
              daß ich vor einem Buch von Locke
              dumpf brütend in der Stube hocke
              und weiß, es wurden viele Männer
              durch Heirat Philosophen-Kenner.

              Die sitzen grübelnd hinterm Ofen
              und werden selbst zu Philosophen,
              doch ihre Frauen, die bis dato
              Courths-Mahler lasen, anstatt Plato,
              schau'n wie bisher sich auch fortan
              im Fernsehn Seifenopern an.

              © Heiner Vogel

 

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