[ Mensch und Unmensch in der Sauna ]

(frei nach Eugen Roth)

 

Ein Mensch, der in der Sauna sitzt,
und still drauf wartet, daß er schwitzt,
braucht weder Hosen, Hemd, noch Schuhe,
kurzum, er braucht jetzt nichts, als Ruhe,
weil sich - und das wird oft verkannt -
der Mensch erst dann so recht entspannt,
wenn er sich naht dem Rand der Traumwelt
und lustvoll mit der Seele baumelt.

Aufdaß er diesen Zustand finde,
harrt unser Mensch auf Gleichgesinnte
und hofft, von Jungen wie von Alten,
daß sie - wie er - den Schnabel halten,
doch in der Sauna sind sie kaum
so schweigsam, wie im Ruheraum.

Schon tritt ein Unmensch ein, und setzt
sich neben unsern Menschen jetzt,
fängt an, mit ihm zu diskutieren
und will partout politisieren,
knüpft ein Gespräch an, über Sport,
der Mensch denkt heimlich schon an Mord
und zeigt, daß er sich nicht vergesse,
an Unterhaltung kein Interesse.

Da treibt-'s der Unmensch auf die Spitze,
denn, nun erzählt er faule Witze;
der Mensch kann jetzt für nichts mehr bürgen,
am liebsten möcht er ihn erwürgen,
jedoch, der Unmensch hat noch Glück,
der arme Mensch zieht sich zurück

und flüchtet, daß er nichts verpfusche,
gleich unter eine kalte Dusche,
worauf er tief ins Becken taucht,
danach ist auch sein Zorn verraucht
und tiefgekühlt kommt er zum Schluß:
"hätt' man mehr Ruh' -- wär's ein Genuß!"

 

© Heiner Vogel

 

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