[ Sprichwörter - unter die Lupe genommen ]

 

"Der Klügere gibt nach"

Zu ihrem Sohn die Mutter sprach:
“Wenn's Ärger gibt - sei klug, gib nach".
Doch merkt's der Sohn nach kurzer Frist:
Wer nachgibt, meist der Dumme ist!
 

"Lügen haben kurze Beine"

Wenn eine Frau ihren Mann betrügt,
Ist's klar, daß sie ihn auch belügt.
jedoch die Frau'n, die treu nur scheinen,
Geh'n meist einher auf langen Beinen.

Hier trügt das Sprichwort, wie ich meine,
Hier haben Lügen lange Beine.
Nur - manchmal lügt, es ist zum Weinen,
Auch eine Frau auf kurzen Beinen.

Das Sprichwort meint: auf kurzem Bein
Sollt' Lüge leicht erkennbar sein?
Glaubt's nicht! Sie weiß sich zu verstecken.
Sie läuft selbst - aller Welt zum Schrecken -
Auf krummen Beinen weite Strecken.
Wahrheit ist kaum noch zu entdecken.

Denkt bloß nicht, Männer seien besser.
Vom kleinen Mann bis zum Professer
Kann keiner mehr den Hals voll kriegen.
Mann lügt, daß sich die Balken biegen!
 

"Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht"

Manch ein Politiker hat im Leben
Oft schon sein Ehrenwort gegeben,
Geschworen gar, aus voller Brust:
"Ich hab' von all' dem nichts gewußt!"

Er schafft es, sich heraus zu winden.
Durch Tricks und mit juristischen Finten
Dem Wähler den Verstand er raubt,
Daß der ihm wieder alles glaubt.

Meist hat er's auch so hingebogen,
Als hab' er nur aus Not gelogen.
Statt daß man ihn dafür verdammt,
Gibt man ihm ein Ministeramt.
 

"Steter Tropfen höhlt den Stein"

Daß dieses Sprichwort hinkt, sieht klar,
Wer je in Tropfsteinhöhlen war,
Wo Stalaktiten in rauhen Mengen
Stets tropfend von der Decke hängen.

Dort müßte man aus guten Gründen
Im Stein am Boden Höhlungen finden,
Die sich im Lauf der Zeit im Stillen
So nach und nach mit Wasser füllen.

Jedoch - hier herrschen andere Sitten,
Hier schafft der Tropfen Stalagmiten.
Die wachsen stet, zu höherem Zwecke,
Vom Höhlengrund bis an die Decke.
 

"Eigener Herd ist Goldes wert"

Wer heut' ein Haus baut, achte drauf,
Daß er auch'ne moderne Küche kauf',
Mit Microwelle, Grill und Heißluftherd,
Damit sein Weib sich nicht beschwert.

Doch die moderne Frau von heut',
Die hat zum Kochen kaum noch Zeit,
Geht völlig auf in Ihr'm Beruf,
Weiß nicht, wozu sie Gott erschuf,

Spielt Tennis, Squash, sie geht zum Reiten
–Nun ja – heut sind halt andre Zeiten.
Ist krank das arme Pferd zuweilen,
Muß "Frau" ins Fitness-Studio eilen.

Bei Yoga, Judo, Tai Kwan Do,
Fühlt sie sich erst so richtig froh.
Ihr Mann ißt nur mal rasch 'nen "Döner"
Und führt sie aus zum Italiener.

Sie war ja nie ein starker Esser,
Jedoch beim Griechen schmeckt's ihr besser.
Am Abend möcht' sie gern was lesen,
Zum Kochen sei sie zu müd' gewesen.

Daheim macht sie nur Büchsen auf,
So nimmt das Schicksal seinen Lauf.
Der vielgepriesene eigne Herd
Ist heut' so gut wie nichts mehr wert!


"Hunde, die bellen, beißen nicht"

Wenn man nicht so genau es nimmt,
Meint man, daß dieses Sprichwort stimmt.
Doch – hier sind Zweifel angebracht,
Drum hab' ich drüber nachgedacht:

Zunächst ist klärend festzustellen,
Daß generell alle Hunde bellen,
Was scheinbar klipp und klar beweist,
Daß demzufolge keiner beißt.

Wenn man es aber anders spricht:
"Bellende Hunde beißen nicht',
So wird auf einmal sonnenklar,
Daß obiges ein Trugschluß war.

Inzwischen ist man drauf gekommen,
Hat Bello unter die Lupe genommen,
Und heute weiß es alle Welt:
Er beißt nur nicht, solang er bellt!


"Jeder ist seines Glückes Schmied"

Das sagt sich leicht, doch gibt's hienieden
Probleme schlimmster Art beim Schmieden.
Wer fährt heut' noch mit Pferd und Wagen?
Wer läßt heut' noch ein Pferd beschlagen?

Manch alter Schmied säh's nur zu gerne,
Daß auch sein Sohn das Schmieden lerne.
Suchend durch halb Europa reist er:
Er findet keinen Schmied-Lehrmeister.

Vom Arbeitsamt wird ihm beschieden:
Es gibt ja heute kaum noch Schmieden!
Der Sohn soll halt was andres lernen
Und soll nicht greifen nach den Sternen.

Gut, denkt der Sohn, das wär' zum Lachen,
Ich werd' die Esse schon anfachen,
Mir soll es nicht an "Kohle" mangeln,
Ich werd' mich an die Börse rangeln.

Mit Vater's Aktien, gut und teuer,
Hab' mehrere Eisen ich im Feuer,
Nur so verdient das Geld man leicht,
Als Schmied hätt ich das nie erreicht.


"Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr"

Dies Sprichwort ist bedingt nur wahr
Und drum besonders angreifbar,
Weil es so tut, als ob ein Mann
Als Kind nur etwas lernen kann.

Das mag für's Laufen, Sprechen gelten,
Bei andern Dingen stimmt's nur selten.
Man lernt im Leben manchen Mist
Erst dann, wenn man schon älter ist.

Mit Achtzehn lernt man Autofahren
Und können tut man's erst nach Jahren.
Man ist dann längst kein "Hänschen" mehr,
Trotzdem fällt's Lernen uns nicht schwer.

Nun – bleiben wir beim Autofahren.
Der Durchschnitt lernt's in Jugendjahren.
Ich selbst war davon weit entfernt –
Hab' erst mit Fünfzig es erlernt.

Wer Augen hat, der sieht's – vielleicht,
Daß ein Beruf heut' nicht mehr reicht.
Drum sollte tunlichst man bei Zeiten
Aufs Umlernen sich vorbereiten.

Doch wer nun meint, ich mal' ein Bild,
Das für die fernere Zukunft gilt,
Ist von der Wahrheit weit entfernt:
Ich hab' schon dreimal umgelernt.

Und eines Tages - eines fernen
Muß wohl auch ich das Sterben lernen.
Das macht vermutlich ziemliche Müh' –
Und wenn ich's kann, bin ich "perdu"!

Der Mensch muß auch aus Fehlern lernen.
Wer säumt, Probleme zu entfernen,
Kommt aus Schlamasseln nicht heraus.
Man sieht, der Mensch lernt niemals aus.

Drum gilt es, frei von strengen Normen,
Das Sprichwort etwas umzuformen.
So könnt' es lauten dann – schaut her:
Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nur schwer.
 

"Hunger ist der beste Koch"

Zwar dient das Mahl Ernährungszwecken,
Doch muß es auch nach etwas schmecken!

Es stimmt – wer richtigen Hunger hat,
Wird leicht von jedem Saufraß satt.
Damit ist längst noch nicht gesagt,
Daß karge Kost dem Gast behagt,

Der schier vor Hunger gierig ist
Und aus Verzweiflung alles frißt,
Selbst das, was man heut' ungeniert
In Werks-Kantinen uns serviert,

Was man verschlingt in Schnell-Gaststätten
Und runter würgt bei "Fast-food-Ketten",
Das ist nur Kost für "Allesfresser".
Der Biolek kocht da weit besser!

Wer Hunger kennt, glaubt fest daran,
Daß dieser "bestens` kochen kann.
Was schadets, wenn's im Magen liegt –
Wenn man nur überhaupt was kriegt.

Drum laß' dies Sprichwort ich in Ruh'.
Auf Arme trifft's wahrscheinlich zu,
Dem Reichen ist es völlig "Schnuppe",
Er spuckt dem Hungrigen in die Suppe.

Was einst ein jeder glauben mocht',
Daß Hunger stets am besten kocht,
Das glauben nur noch kleine Geister:
Heut' gibt's weit beß’re Küchenmeister!
 

"Alter schützt vor Torheit nicht'

Wie gern' würd' ich – sie werden lachen,
Noch manchmal eine Torheit machen,
Doch kann ich – sie vermuten recht,
Heut' nicht mehr so, wie ich gern möcht'.

Auch fehlt es mir – es tut mir leid,
An passender Gelegenheit.
Der Umstand, daß ich zu bejahrt,
Ist's, der vor Torheit mich bewahrt.
 

"Wahre Freunde erkennt man erst in der Not"

Wer ernsthaft seinen Freund dich nennt,
Der mag dich auch - obwohl er dich kennt.
Stellt eine Not sich plötzlich ein,
Dann kannst du seiner sicher sein.

Du darfst beruhigt Freund ihn nennen,
Brauchst keine Not, um's zu erkennen.
Entlarvt sind jene in der Not geschwind,
Die keine wahren Freunde sind!
 

"Gegensätze ziehen sich an"

Im Schul-Unterricht gelernt ich hab':
Gleichnamige Pole stoßen sich ab.
Ungleichnamige zieh'n einander an,
Bei Magneten man's leicht sehen kann.

In der Physik mag das wohl gelten
Beim Menschen stimmt es eher selten.
Hier läuft es meistens drauf hinaus:
Wenn sie einander anzieh'n, dann zieh'n sie sich aus.
 

"Alle Wege führen nach Rom"

Wer einst auf diese Idee gekommen,
Der hat den Mund zu voll genommen.
Kein Mensch ist je nach Rom gegangen
Und hat am Südpol damit angefangen.

Und hätte er wirklich dort angefangen,
Allein zu Fuß nach Rom zu gelangen,
Er hätt' sich Händ' und Füß' und Ohren
Und auch noch was andres abgefroren.

Oder – stellen sie sich einmal vor,
Sie beginnen die Reise in E C U A D O R
Und laufen in Richtung Sankt-Lorenz-Strom,
Dann kommen sie doch nie nach Rom.

Drum dürfen sie es mir nicht verdenken:
Hier gilt's das Sprichwort einzuschränken.
Ich wag's, und vertreibe dieses Phantom,
Und sage: – V i e l e Wege führen nach Rom!
 

"Der Schein trügt."

Das stimmt! Ein Hundert-Euro-Schein
Kann eine täuschend echte "Blüte" sein.
 

"Der Mensch denkt und Gott lenkt"

Soll man dies Sprichwort wörtlich nehmen?
Es paßt nur genau auf die ganz Bequemen,
Die unselbständig wie ein Kind,
Und meist zu faul zum Denken sind,

Die stets – mit ihrem Leben unzufrieden –
Utopisch-phantastische Pläne schmieden,
Und wenn sie versagen, ganz nach Belieben
Die Schuld dem Lieben Gott zuschieben.

Sie steigen in ihr Auto ein, und denken:
"Heut' lassen wir mal den Herrgott lenken!"
Doch der macht sich's heute selbst bequem,
Schenkt ihnen ein Navigations-System.

Er kann ja nicht an alles denken
Und weltweit alle Autos lenken.
Drum – fahrt drauf los voll Ungeduld!
Wenn's trotzdem kracht, hat keiner Schuld.
 

"Die Wände haben Ohren"

Dies Sprichwort stimmt im Großen Ganzen.
Zwar gab es auch schon früher Wanzen,
Doch hausten diese winzig-netten
Haustierchen meist in Ehebetten.

Drum mußten wißbegierige Damen,
Die nicht an Information ran kamen,
Um sie mit Nachbarinnen auszutauschen,
Noch selber an den Wänden lauschen.

Heut' können die "Wanzen" in allen Ecken,
In Lampen und Telefonhörern stecken.
Das Horchen betreibt man jetzt mit Pfiff
Und nennt es "Großer Lauschangriff."
 

"Scherben bringen Glück"

Diesen Spruch halt' ich für Aberglauben.
Den läßt manch' andrer sich nicht rauben.
Leicht sieht man's ein, daß er nicht stimmt,
Wenn folgendes man als Beispiel nimmt:

Glasscherben sind auf Fahrrad-Wegen,
Für die wackeren Radler nie ein Segen.
Die Luft ist raus, sobald sie drüber fuhren,
Das führt oft zu teuren Reperaturen!
 

"Durch Schaden wird man klug"

Gesetzt den Fall, man würd' mir raten,
Ich soll nicht vor Australien baden,
Sonst kriegt ein Haifisch mich am Wickel
Und beißt mir ab vom Bein ein Stückel –
Doch ich bin stur, und hör' nicht drauf,
Dann g'schieht's mir recht, wenn ich ersauf.

Und wär' ich weniger stur gewesen,
Geblieben, wo ich war – am Tresen,
Hätt' sinnvoll ich die Zeit verbracht
Und die Erfahrung nicht gemacht,
Hätt' mir gekonnt noch einen gönnen,
jedoch – nicht klüger werden können.

Man sieht jetzt ein – gewisse Sachen,
Die muß man, will man klug sein, machen.
Nur kommt's drauf an, wie man hier sieht,
Ob man daraus die richt'gen Lehren zieht.
Die Menschheit ist nach all dem Morden
Aus Schaden noch nicht klug geworden!
 

"In der Kürze liegt die Würze"

Dies gilt nicht für alles und für jeden,
Doch sicher gilt's für Parteitags-Reden.

Gilt für Romane und Schmonzetten,
Für Predigten und Operetten.

Für Seifenopern und Werbe-Blöcke,
Für Liebesbriefe und Miniröcke.

Ob es auch gilt bei männlichen Glieden –
Die Frage ist noch nicht entschieden.

Nicht gilt's, und sollt' sie's auch befremden,
Bei viel zu kurzen Herren-Unterhemden!

Auch Urlaub, Sex und Liebelei'n,
Die dürften ruhig etwas länger sein.

Kurzum – ihr werdet Recht mir geben:
Auf jeden Fall gilt's nicht für's Leben.
 

"Geld stinkt nicht“

Geld selbst ist geruchlos,
Das steht außer Frage.
Man riecht es bei Nacht nicht
Und auch nicht am Tage.

Man kann's zwar nicht riechen
Im Wirtschafts-Gewimmel,
Aber was es dort alles anrichtet,
Das stinkt oft zum Himmel!
 

"Keine Flamme ohne Rauch"

Viele Brennstoffe qualmen –
Meist die allseits bekannten.
Man sah es damals im Irak,
Als die Ölquellen brannten.

Man heizt nicht mehr mit Kohle,
Wie es früher der Brauch,
Beim Verbrennen von Erdgas
Gibt es heut' kaum noch Rauch.
 

"Stille Wasser sind tief'

Was Sprücheklopfer in alten Tagen,
Hier über die Wasser-Tiefen sagen,
Das läßt sich – ohne nachzufragen –
Nicht auf die Menschen übertragen.

Manch einer liebt es, vorzugeben,
Er wüßt' fast alles über das Leben.
Sein Wissens-Schatz wär' so profund,
Daß er hinab reicht, bis zum Grund.

Doch wenn man etwas tiefer gründet,
Man oft nur flaches Wasser findet.
Der ganze Zauber ist nur Schein,
Und anfangs fällt man fast drauf rein.

Dann gibt's auch Frau'n, die Schlichtheit üben,
Als könnten sie kein Wässerchen trüben.
Kennt man sie näher, dann kommt man drauf :
Hier tun sich oft wahre Abgründe auf!
 

"Jedes Ding hat zwei Seiten."

Dies gilt vielleicht für ein Blatt Papier
Doch Würfel haben sogar mehr als vier!
 

Wie "man / frau" in den Wald schreit,
so schallt es wieder "

Das Wörtchen "man" wird von bekannten
Emanzen geflissentlich falsch verstanden,
Und ausgelegt, als ob es heute
Im wörtlichen Sinne "Mann" bedeute.

Drum drängt "frau" strikt darauf, daß künftig
Man "man / frau" schreibt! Auch sei's vernünftig,
Um "Frau" nicht länger zu diskriminieren,
Den “Mann” (aus der Sprache) zu eliminieren
Und der Schlichtheit halber zu der Frau'n Ergetzen
Durch die Bezeichnung "Typ" zu ersetzen.

Die Frau – jahrzehntelang frustriert –
Hat sich vom Manne "e-mann-zipiert".
Bald wird der Mann sich revanchieren
Und sich von "Frau" "e-frau-zipieren" !!!

Schon sieht man, wie's die Kerle treiben,
Und statt zu heiraten, "Single" bleiben.
Allmählich macht dies Beispiel Schule,
Dann gibt's in Zukunft noch mehr Schwule!
 

"Zeit ist Geld"

In jedem Sprichwort, möcht' man sprechen,
Entdeckt man auch gewisse Schwächen.
Doch kommt's drauf an, ganz ungeachtet,
Aus welcher Sicht man es betrachtet.

Ich kenn' per Zufall einen Mann,
Der dies gewiß bezeugen kann.
Er hat viel Zeit, doch wenig "Moos",
Denn er ist seit drei Jahr' arbeitslos!

Zeit hätte er zwar jetzt in Massen,
jedoch kein Geld, um's zu verprassen,
Geschweige denn, sparsam auszugeben,
Es reicht oft nicht einmal zum Leben.

Mancher "Bänker" hingegen, auf dieser Welt,
Hat niemals Zeit, dafür um so mehr Geld.
So sieht man, wenn genau man's nimmt,
Daß obige Gleichung niemals stimmt.
 

"Papier ist geduldig"

Dies Sprichwort möcht' uns glauben machen,
Papier könne denken – das ist zum Lachen,
Weil's kein Geschöpf aus Fleisch und Blut ist,
Man schöpft's nur, weil's zu allerhand gut ist.

Man kann zum Beispiel Wurst und Käs' rein wickeln,
Kann's aber auch bedrucken mit Zeitungs-Artikeln.
Zu diesem Zweck läßt man's durch die Presse laufen,
Um's dann als "Öffentliche Meinung" zu verkaufen.

Man kann's auch mit Karikaturen bekritzeln
Und hämisch über fremde Kulturen witzeln,
Kann damit gezielt den Volkszorn anfachen
Und hinterher einen auf Versöhnung machen.

Als Werbe-Prospekt hat's nur wenig Zweck,
Den wirft man - ungelesen - gleich weg.
Doch Wegwerfen ist nicht so ganz ohne Sinn:
Dem Altpapier-Händler bringt's sogar Gewinn.

Verzeih'n sie mir, wenn ich zu skeptisch bin:
Papier nimmt tatsächlich alles klaglos hin.
Als Klo-Papier "sch...." man sogar darauf –
Und nicht einmal darüber regt es sich auf.

Warum wohl nicht? Das ist nun die Frage:
Es ist dazu einfach nicht in der Lage.
An zu viel Geduld ist's nicht gelegen,
Es liegt vielmehr an schierem Unvermögen!
 

"Borgen macht Sorgen"

Borgen macht Sorgen? Es fragt sich nur, wem!
Die Bank macht's dem Kunden ja heut' so bequem.
Die Zinsen sind niedrig, wie noch niemals zuvor,
"Komm, gönn dir was!" flüstert die Bank ihm ins Ohr.

Bei größeren Beträgen hält den Zinssatz man niedrig,
Bei Überziehungskrediten ist er fast gesetzeswidrig.

Wird nur das Giro-Konto überzogen,
Ist's für den Kunden unangenehm,
Doch bei Millionenbeträgen
Hat die Bank das Problem.
 

"Geld regiert die Welt"

Schon öfters hab' ich mir gedacht,
Daß man sich hier zu leicht es macht,
Wenn man uns predigt voller Huld,
An allem sei das Geld nur Schuld,
Das ganz gezielt und dezidiert
Voll Hinterlist die Welt regiert.

Das Geld an sich bleibt meist passiv,
Es schlummert in Tresoren tief,
Solang kein Mensch was von ihm will,
Bleibt's ruhig und verhält sich still,
Wie ein Soldat in Garnison
Tritt’s auf Befehl nur in Aktion.

Doch – was die Menschen damit machen,
Ist teils zum Weinen, teils zum Lachen:

Statt Sinnvolles damit zu schaffen,
Vergeuden sie's zum Bau von Waffen
Und sie verpulvern die Moneten
Für Weltraumflüge und Mondraketen,
Für'n Flug zum Mars, für Raumstationen,
In denen doch kein Mensch mag wohnen.

Es wird, anstatt daß man's versäuft,
Auf Schweizer Banken angehäuft,
Gehortet dort von Milliardären,
Die gegen Zins Kredit gewähren,
Die skrupellos Politiker schmieren
Und – indirekt – so mitregieren.

Man könnt' sinnvoller es verwenden,
Wenn man's verteilt mit vollen Händen,
An Menschen, die seit jahr'n und Tagen
Verarmt am Hungertuche nagen,
Als Arbeitssklaven an Fabrik-Fließbändern,
In unterentwickelten Drittweltländern.

Geld kann zwar oft an Wert verlieren,
Doch niemals eine Welt regieren,
Jedenfalls nicht so, wie's richtig wäre,
Befreit von Not und von Misere.
Drum sag' ich hier ganz ungeniert:
Die Dummheit ist's, die die Welt regiert!
 

"Unkraut vergeht nicht"

Dies galt einmal - in früheren Zeiten.
Heut' auch? - Ich wag's, es zu bestreiten!

Wildkräuter, die fast jeder kannte,
Die früher man noch Unkraut nannte,
Fraß damals hauptsächlich das Vieh,
Doch heut' vertilgt sie die Chemie.

Einst mußt' beim jäten man sich bücken,
Da schmerzte Arm und Bein und Rücken.
Heut' sitzt der Bauer auf seinem Trecker
Und sprüht die Brüh' auf seine Äcker.

Manch' Kräutlein ward auf diese Weise
Durch Landwirtschaft - schön still und leise
Längst ausgemerzt und ausgerottet,
Was Gottes Schöpfungsplan verspottet.

Monsantos, Geigy, Höchst und Bayer
Stell'n her, was wirksam, gut und teuer.
So wird, was hemmt, was stört hinieden,
Brutal bekämpft mit Herbiziden.

Was einst der H E R R vergaß zu schöpfen,
Entsteht heut' in Gelehrtenköpfen,
Die rastlos experimentieren
Und emsig Gene manipulieren.

Und so gelang's in Überssee-Ländern
Mais, Raps und Soja zu verändern,
Damit dem Pflanzenwuchs sodann
Das Herbizid nichts schaden kann.

Der Landwirt möcht' das Haar sich raufen:
Er muß nicht nur das Saatgut kaufen,
Die Chemikalie braucht er ebenfalls,
Die ihm das Unkraut hält vom Hals.

Man sieht - die Welt hat sich gewandelt.
Wohl dem, der jetzt mit Saatgut handelt
Und liefert die geeignete Chemie dazu.
Zeitgemäßer Landbau - das ist heut' der Clou.

Drum irrt, wer nun noch drauf besteht,
Daß Unkraut praktisch nicht vergeht.
Dies "Lehrgedicht" beweist es glatt,
Daß Unkraut keine Zukunft hat!
 

"Handwerk hat goldenen Boden"

Das stand ganz fest so manches Jahr,
Doch was ist heut' daran noch wahr?
Durchleuchten und betrachten wir's
Anhand des Handwerks des Barbiers:

Ein Spruch, den man bei Heine find't:
"Was schert mich Weib, was schert mich Kind"
Beweist, daß man schon zu Heines Zeiten
Begann, sich die Haare selbst zu schneiden.

Einst ließ der Mann sich noch Balbieren,
Heut pflegt er selbst sich zu rasieren,
Sein Haarschnitt wird, das ist nicht erdichtet,
Von seiner Gattin meist mit verrichtet.

Selbstredend wäscht, das ist ganz klar,
Die Hausfrau sich daheim ihr Haar.
Auch pflegt die Dame Dauerwellen
Zu Haus' heut' selber herzustellen.

Da fragt man sich, was bleibt denn nun
Dem "Figaro" heut' noch zu tun?
Soll seinen Laden er verkaufen,
Und künftig sich selber die Haar' ausraufen?

Jedoch, nun gilt es, aufzuzeigen,
Wie läuft's in anderen Handwerks-Zweigen?

Heut ist's modern, zu "do-it-your-self-en",
Vom Fachmau läßt man sich kaum noch helfen.
Auch ist, wie am Beispiel "Glück" man sieht,
Heut' jedermann sein eigner Schmied.

Wenn heut' der Wasserhahn mal tropft,
Oder wenn der Abfluß ist verstopft,
Läßt man nicht mehr den Klempner kommen,
Die Reparatur wird selber vorgenommen.

Genau so geht's beim "Häusle-Bauen".
Man braucht ja nur mal zuzuschauen,
Hier spart, wie man leicht sehen kann,
Die Axt im Haus den Zimmermann.

Weil jeder alles selber macht, zu Haus',
Drum sterben heut' ganze Branchen aus
Und der vielgerühmte "Gold'ne Boden"
Wird immer dünner durch neue Methoden.
 

"Wer wagt, gewinnt"

Wer das glaubt, der ist – rein juristisch
Vielleicht ein wenig zu optimistisch.
Könnt' man es mit Bestimmtheit sagen,
Dann wär' noch nie was fehlgeschlagen.

Denkt nur mal dran, wieviele Leute
Mit leeren Taschen dastehe heute,
Die damals ihr Geld in Aktien steckten
Und gierig sich schon die Finger leckten.

Die Euphorie ist längst verflogen.
Ihr Wagemut hat sie betrogen
Und schmerzlich haben sie's verspürt,
Daß "Wagen" nicht jeden zum Siege führt.
 

"Arbeit adelt"

Ich sag's euch frei, ich würd' mich schämen,
Wollt' ich dies Sprichwort wörtlich nehmen,
Denn – träfe es wahrhaftig ein,
Dann müßte - mindestens - Graf ich sein.

Doch hab' ich die "Edlen" nie gemocht.
Hab' siebenundvierzig Jahre malocht.
Was bin ich geworden nun – außer alt?
Ein "Ritter von der traurigen Gestalt"!

Der Arbeiter wurde – das ist nicht gelogen –
Noch stets um die Frucht seiner Arbeit betrogen.
Als Rentner wird ihm heut' vorgehalten:
"Ihr lebt zu gut und zu lang, ihr Alten!"

Der Ursprung des obigen Spruchs reicht weit
Zurück, in die Jahre unsrer "Großen Zeit".

Wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt hierbei,
So hieß er damals: "Arbeit macht frei".
Auch stand zwölf Jahre lang Tag für Tag er
Zum Hohn an den Toren der Arbeitslager.

Der Spruch "Arbeit adelt" war ganz anders gemeint.
Er verhieß, daß auch dem Arbeiter die Sonne scheint.

Daß er sich so gründlich gewandelt hat,
Ist wahrlich für ihn kein Ruhmesblatt.
 

"Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein"

Dies Sprichwort, wenn man's recht bedenkt,
Gilt sicherlich nur eingeschränkt.

Wer arglistig ein Loch aushebt,
Weil andern er zu schaden strebt,
Und deckt's vorsorglich zu, zum Schein –
Der fällt gewiß nicht selbst hinein.

Wem Gruben dienen als Menschenfallen,
Dem geschäh' zwar Recht, selbst reinzufallen,
Doch der Wunsch - nicht völlig frei von List
Auch hier der Vater des Gedankens ist.

Nicht jeder, der ein Loch ausschachtet,
Einem Andern nach dem Leben trachtet.
Der Maurer, beispielsweis', tut's nicht,
Damit der Bauherr sich den Hals drin bricht.

Zwar – Bergleut' oft ihr Leben gaben,
Weil Gruben sie nur für andere graben,
Doch tun sie das, wie Ihr wohl wißt,
Bei Leibe nicht aus Hinterlist.

Dies Sprichwort, das nur warnt, und später
Mit Rache droht dem Übeltäter,
Gilt nicht für jeden "Schachtausheber" –
ja - nicht einmal für die Totengräber.
 

"Wenn Zwei sich streiten, freut sich der Dritte"

Wenn Zweie sich im Wirtshaus streiten,
Dann geht es meist um Kleinigkeiten,
Und oftmals kommt's dabei so weit,
Daß sich der ganze Stammtisch freut.

Doch geht der Wortstreit in Familien
Um Grundstücke und Immobilien,
Oder um Geld, dann nehmen bald
Sich die Partei'n 'nen Rechtsanwalt.

Wenn sie dann vor Gericht sich treffen,
Freut sich der Richter und die Schöffen,
Die Advokaten – so wie so –
Und auch die Schreiber stimmt es froh.

Damit wär klar bewiesen – bitte:
Es freut sich meist nicht nur der Dritte.
 

“Lehrjahre sind keine Herrenjahre”

Im Handwerk ist der Lehrmeister
Gewöhnlich auch der ’’Mehrleister’’

Der Lehrbub spürt, was das bedeutet:
Er wird drei Jahre ausgebeutet!

Ich weiß Bescheid – es bleibt dabei –
Ich hab’ gelernt die ’’Tischlerei’’.

Und hat der Lehrling ausgelernt,
Wird er aus dem Betrieb entfernt.

Der Meister – wie könnt’s anders sein –
Stellt gleich sich einen Neuen ein.

 

© Heiner Vogel

 

Druckversion
(PDF-Dokument)

zurück zur Übersicht

Kostenloser DownloadDownload
Acrobat Reader