[ Heiner’s Ruhestand - ein Unruhestand ]

 

Den Heiner zieht es schon seit Jahren
zur LVA hin – bei den Haaren!
Die Arbeit wird beständig mehr,
das miese Klima reizt ihn sehr.

Gesetze, Akten, Paragraphen,
die lassen nachts ihn nicht mehr schlafen,
daß ständig er vertreten muß
wenn einer fehlt, macht ihm Verdruß.

Das öde "Auf-den-Bildschirm-Glotzen",
das findet er schon lang zum Kotzen,
und mit Frau S., die Reiberei'n ...
das nervt ihn alles ungemein.

Die Arbeit macht er schon seit Jahren
weil's rasch geh'n muß, im Schnellverfahren
und zweifelt oft, ob alles stimmt,
wenn er so wenig Zeit sich nimmt.

Sein Blutdruck steigt, was niemand wundert,
auf hundertzwanzig zu zweihundert,
worauf ihm strikt sein Hausarzt rät:
"Stell'n S' Rentenantrag, eh's zu spät!"

"Wenn einer, der schon über sechzig,
wie'n Junger schaffen soll, das rächt sich.
Sie müssen weg vom Arbeitsmarkt,
sonst droht am End' der Herzinfarkt!"

Nun fängt er an, sich selbst zu fragen:
"Soll ich mich hier noch länger plagen
und weiter schuften wie ein Tier?
Nein! Jetzt ist Schluß – ab Ersten Vier."

Schon kurz darauf, so nach 6 Wochen,
seit er um Rente vorgesprochen,
hält den Bescheid er in der Hand:
"Hurra!" – er ist im Ruhestand.

Ihm fiel's nicht schwer, sich zu entschließen,
das Rentnerdasein zu genießen,
nur noch zu tun, was Freude macht ...
so hatte er sich's ausgedacht.

Durch Gartenarbeit, Sauna, Schwimmen
und Wandern, wollte er sich trimmen,
Spazierengehn, zu Hause bleiben,
bald lesen, bald Gedichte schreiben ...

Es hat auch sehr schön angefangen
und wär' soweit ganz gut gegangen,
bis dann sein Vater plötzlich starb,
was leider sein Konzept verdarb.

Jetzt war es "Sense" mit dem Träumen.
Nun galt's, die Wohnung auszuräumen,
und weil's so überraschend kam,
hieß es: "wohin mit all dem Kram?"

Kaum lag der Vater in der Erden,
hieß es, woanders tätig werden.
Es blieb ihm keine Zeit zum Schau'n,
sein Sohn fing an, ein Haus zu bau'n.

Wie gern würd' er da stehn und gaffen
und zuschau'n, wie die Andern schaffen,
den Maurern aus dem Wege gehn,
von fern das Häuschen wachsen sehn.

Doch jetzt geht's drum, sich Geld zu borgen
und jeden Tag für Bier zu sorgen.
Ist erst der Rohbau fertig, dann
heißt es für ihn: "jetzt tüchtig ran!"

Dann kann er endlich wieder zeigen,
daß Handwerkskunst ihm noch zu eigen;
war er auch lang' davon entfernt –
das Schreinern hat er ja gelernt.

Jedoch, das lag noch ziemlich ferne.
Erst einmal baut er die Zisterne.
Bis da der Anschluß richtig paßt,
das bringt ihn zur Verzweiflung fast.

Den Sohn – den Bauherrn – hält's nicht länger,
er kauft zum Auto sich 'nen Hänger.
Mit des Terrano's Motorkraft
wird die Zisterne rangeschafft.

Die Rohre richtig einzubauen,
muß Heiner auf die Maurer schauen,
auch muß dazu ein Bagger her,
zum Tragen sind sie viel zu schwer.

Damit sie es auch richtig machen,
nimmt er, auch wenn sie heimlich lachen,
als Assistent den Helmut mit,
der emsig knipst auf Schritt und Tritt.

Der Helmut, der kein Müßiggänger,
kennt zwar den Ruhestand schon länger,
doch läßt er Haus und Garten sein
und greift am Bau jetzt tüchtig ein.

So sind die Zwei nun stets auf Achse,
damit das "Vogelhäuschen" wachse;
sie dürfen beide jetzt nicht ruh'n,
für sie gibt's noch genug zu tun.

Drum – Heiner – hör' jetzt auf zu dichten
und lern' auf Muße zu verzichten.
Beschaulichkeit – du siehst es schon –
ist für 'nen Rentner Illusion.

Du solltest lieber, statt zu dichten,
das Grab der Schwiegereltern richten
und auch nicht aus dem Aug' verlier'n:
du mußt zu Haus auch tapezier'n.

Auch mußt du – zwar nicht heut und morgen –
den Schrebergarten komplett "entsorgen"!
Wirst du mit all dem fertig sein,
fällt irgendwem was andres ein.

Sei nicht erstaunt, so ist das eben,
das ist nun mal das Rentnerleben.
Nimm's nicht zu ernst, doch sei bereit,
du weißt: "Ein Rentner hat nie Zeit!"

© Heiner Vogel

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